„Sternstunden“ zum Zuhören
Stefan Zweig (1881 bis 1942) gehört bis heute zu den meistgelesenen Autoren der deutschsprachigen Exilliteratur. Die Bücher des Österreichers erreichten noch zu seinen Lebzeiten eine millionenfache Gesamtauflage und wurden in rund 50 Sprachen übersetzt. Neben Erzählungen wie „Brief einer Unbekannten“ und seinen Lebenserinnerungen „Die Welt von gestern“ schrieb Zweig eine Vielzahl von Portraits berühmter Dichter und Philosophen. Werke wie „Die Schachnovelle“ wurden mehrfach verfilmt. Zu seinen bekanntesten Schriften zählen die „Sternstunden der Menschheit“, eine Sammlung von anfangs sieben (später 14) Episoden, Miniaturen aus der Weltgeschichte.
Die deutsche Ausgabe dieses Buch allein wurde bis heute über 700 000mal verkauft. In den „Sternstunden“ geht es um ganz unterschiedliche Begebenheiten: die Niederlage Napoleons bei Waterloo, die Entstehung von Händels Oratorium „Messias“, den Wettkampf um die Entdeckung des Südpols und anderes. Es sind dies keine historischen Analysen mit einer sorgfältigen Darstellung von gesellschaftlichen Zusammenhängen und Hintergründen. Im Mittelpunkt stehen einzelne handelnde Personen, die eine entscheidende Rolle gespielt haben: Cicero, Robert Scott, Goethe, Pizarro und andere. Es sind Geschichte von Triumphen und auch tragischen Niederlagen. Geschrieben wurden die „Sternstunden“ von Stefan Zweig in seinem charakteristischen Stil, der die Ereignisse dramatisiert, auch romantisiert, auf jeden Fall als bewegende und zu Herzen gehende Geschichten erzählt.
Das Kulturbüro der Stadt Weinheim – unterstützt vom Förderkreis des Museums – lädt an vier Sonntagen im Mai und Juni jeweils um 11 Uhr zu einer Lesung im Museum ein. Vorgetragen werden zu jedem Termin zwei andere Miniaturen aus dem Buch von Stefan Zweig. Die Vortragenden sind Marie Dziomber und Leon Maria Spiegelberg vom Stadttheater Heidelberg. Die Termine sind der 4. und 25. Mai sowie der 1. und 29. Juni. Der Eintritt ist frei.
Manches mag man aus dem Schulunterricht nicht mehr in Erinnerung haben (wenn es dort überhaupt ein Thema war) wie die Auflehnung Ciceros gegen Cäsar, die Entdeckung Eldorados oder Goethes kleines Abenteuer in Marienbad. Dafür gibt es die Geschichte von der Verlegung des ersten Telegraphenkabels durch den Atlantik von Europa nach Amerika im Jahr 1858, die uns heute gar nicht so weit her zu sein scheint, wo wir doch immer noch auf solche Unterwasserkabel angewiesen sind im globalen Nachrichtenverkehr.
Stefan Zweig beschreibt die Weltgeschichte als das Werk „großer“ Männer. Darin steckt nicht unbedingt die ganze Wahrheit, sowohl was die singuläre Rolle auf den Plan tretender Männer angeht als auch wegen der dramaturgischen Verknappung und Zuspitzung des historischen Geschehens. Aber eines gilt auch noch 90 Jahre nach dem Erscheinen der „Sternstunden“: Sie sind ein großes Lese- und Hörvergnügen und eine unmittelbare Verführung und Aufforderung, sich mit den historischen Begebenheiten einmal selbst zu beschäftigen.