Jüdische Geschichte sichtbarer machen

Am 22. Oktober lädt „Weinheim bleibt bunt“ zu einem Besuch von „Stolpersteinen“ rund um den Rodensteiner Brunnen ein – Informationen zu jüdischen Spuren

. Am 22. Oktober jährt sich wieder ein dunkles Datum in der Weinheimer Stadtgeschichte. Am 22. Oktober 1940 wurden über 6500 pfälzische und badische Juden von den Nazis verhaftet, in Züge verfrachtet und in das Internierungslager Gurs am Fuße der südfranzösischen Pyrenäen verschleppt.
Zur Erinnerung an die deportierten und ermordeten Weinheimer und Lützelsachsener Juden wurden im Stadtgebiet bisher 48 so genannter „Stolpersteine“ verlegt vor den Häusern, in denen die Menschen einst wohnten und arbeiteten. Die „Stolpersteine“ sind kleine aus dem Pflaster herausgehobene Gedenksteine für die deportierten Personen. Das Bündnis „Weinheim bleibt bunt“, das sich seit zehn Jahren in Weinheim für eine Gesellschaft ohne Diskriminierung einsetzt, lädt die Bevölkerung am Jahrestag der Deportation zu einem Spaziergang zu den „Stolpersteinen“ im historischen Viertel rund um den Rodensteiner Brunnen. Das Bündnis wird dabei unterstützt von Andrea Rößler. Die Leiterin des Weinheimer Stadtarchivs beschäftigt sich seit Jahren mit den Spuren jüdischer Geschichte in Weinheim und hat bereits gemeinsam mit Erika Heuser eine Broschüre über die Stolpersteine herausgebracht. Auf der Seite www.juden-in-weinheim.de fasst das Weinheimer Stadtarchiv viele Informationen zu den Weinheimer Juden und ihren Familiengeschichten zusammen.
„Angesichts eines abscheulichen und leider wieder wachsenden Antisemitismus, auch in Deutschland“, so die Sprecher von „Weinheim bleibt bunt“, sei es besonders wichtig, an die Geschichte der Juden in Deutschland zu erinnern.
Der Spaziergang zu den Stolpersteinen beginnt am Dienstag, 22. Oktober, um 17 Uhr direkt am Rodensteiner Brunnen. Angesteuert werden dann fünf Stationen im Umfeld. In der Hauptstraße 17 haben Emma Lehmann und Friederike Oppenheimer gelebt. Ihnen wird mit einem Stolperstein ebenso gedacht wie Max Neu, Hannchen Neu, Heinrich Weil und Christine Weil in der Hauptstraße 28. Aus der Tannenstraße 13 wurden Ludwig und Karolina Altstädter deportiert, aus der Lindenstraße die Familie Oppenheimer (Louis, Henny und Regina) sowie Salomon Marx, Therese Marx, Heinrich Rosenberg und Selma Rosenberg aus der Friedrichstraße 5.
An allen Standorten gibt es Erläuterungen zum Leben und zum Schicksal der Menschen. Symbolisch werden die Steine gesäubert, das Verfahren ist mit dem Künstler und Projektgründer Gunter Demnig abgestimmt.
Unter den Deportierten waren auch Frauen und Männer aus Weinheim und Lützelsachsen, insgesamt wohl 59 Personen. Mit dieser verbrecherischen Aktion wurde jüdisches Leben in Baden und der Pfalz über Nacht völlig zerstört. Das Lager im südfranzösischen Gurs war nur die erste Station des Leidensweges, viele starben dort, viele wurden dort aus in die Vernichtungslager in Osteuropa gebracht, nur wenigen gelang die Emigration oder Flucht. Eine Teilnahme an der Gedenkveranstaltung ist ohne Anmeldung möglich und kostenlos.