Hinweise zur Grundsteuerreform

2018 hatte das Bundesverfassungsgericht die bisherige Vorgehensweise zur Ermittlung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber zur Änderung der Grundsteuererhebung eine Frist bis Ende 2024 zugebilligt. Dem ist der Bund mit dem Grundsteuerreformgesetz im Jahr 2019 nachgekommen.
Gleichzeitig wurde den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, durch eigene Gesetze vom Bundesrecht abweichen zu können. Baden‐Württemberg hat hiervon Gebrauch gemacht. Am 04.11.2020 hat der Landtag ein Grundsteuergesetz für Baden-Württemberg (LGrStG) verabschiedet. Es löst die bisherige Einheitsbewertung ab.
Die Neuregelung wird für die Grundsteuererhebung ab dem Jahr 2025 wirksam.

Wie errechnet sich mein Grundsteuerwert?

Grundsteuer A
Die Bewertung der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft - mit Ausnahme der zur Wohnnutzung notwendige Teil von Hofstellen - erfolgt in Anlehnung an die Bundesregelung.

Grundsteuer B
Die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken inklusive der zur Wohnnutzung notwendigen Teile von Hofstellen erfolgt mithilfe des „modifizierten Bodenwertmodells“.
Das folgende Schema zeigt den Ablauf:

Grafik Ablauf Grundsteuer B

Grundsteuer C
Mit der Grundsteuer C können Kommunen einen höheren Hebesatz für baureife, unbebaute Grundstücke beschließen. Dafür müssen jedoch städtebauliche Gründe vorliegen.

Wo kann ich die Bodenrichtwerte abrufen?

Den Bodenrichtwert und die Fläche Ihres Grundstückes können Sie seit dem 1. Juli 2022 im zentralen BOdenRichtwertInformationsSytem Baden-Württemberg (BORIS-BW) einsehen.

Auf der Website angekommen, ist zuerst „Bodenrichtwerte Grundsteuer B“ zu wählen:

Grafik Ablauf Grundsteuer B

Anschließend ist die Anschrift (alternativ Gemarkung und Flurstücksnummer) einzutragen und in der aufklappenden Liste durch Klick auf die linke Maustaste auszuwählen:

Grafik Ablauf Grundsteuer B

Im Anschluss öffnet sich die Kartendarstellung und sie können den Bodenrichtwert, die Grundstücksfläche und weitere Daten ablesen.

Grafik Ablauf Grundsteuer B

Ist der Bodenrichtwert der Marktwert meines Grundstücks?

In der Regel entspricht der Bodenrichtwert nicht dem Marktwert eines einzelnen Grundstücks. Da sich ein Bodenrichtwert immer auf einen definierten Stichtag und auf bestimmte Merkmale eines Bodenrichtwertgrundstücks bezieht, kann der tatsächliche Wert eines individuellen Grundstücks vom Bodenrichtwert abweichen. Die Höhe der Abweichung richtet sich nach den individuellen Eigenschaften des jeweiligen Grundstücks innerhalb der Bodenrichtwertzone und der Preisentwicklung seit dem Stichtag der Richtwertableitung.

Darüber hinaus kann es vorkommen, dass der Bodenrichtwert nicht den Markt für alle Grundstücke innerhalb einer Zone widerspiegelt. Insbesondere in Gemengelagen kann es vorkommen, dass eine räumliche Abtrennung einzelner Grundstücke oder Grundstücksteile mit einer zum Bodenrichtwertgrundstück abweichenden Nutzung nicht erfolgt (z. B. Freizeitgarten in einer Baulandzone). Der Bodenrichtwert gilt für diese Flächen nicht (vgl. hierzu § 15 Abs. 2 ImmoWertV)

Bodenrichtwert und sein Bodenrichtwertgrundstück
Der Bodenrichtwert ist eine Richtgröße, die den durchschnittlichen Wert aller Grundstücke innerhalb einer Zone (Bodenrichtwertzone) darstellt. Die überwiegend vorherrschenden Merkmale der Zone - also auf die sich der Bodenrichtwert bezieht - werden durch das Richtwertgrundstück beschrieben. Diese Merkmale sind der Entwicklungszustand, der beitragsrechtliche Zustand, die Art der Nutzung und ggf. eine ergänzende Art der Nutzung. Beispielhaft sind in folgender Darstellung die Merkmale der Richtwertzone rot markiert.

Grafik Ablauf Grundsteuer B

Der Bodenrichtwert von 950 €/m² dieser beispielhaften Zone entspricht dem Wert einer baureifen, beitragsfreien Wohnbaufläche mit einem Ein- oder Zweifamilienhaus und sonst durchschnittlichen Merkmalen. Weicht das individuelle Grundstücks eines Bürgers beim Entwicklungszustand (hier baureif) oder der Art der Nutzung (hier Wohnen - Ein-/Zweifamilienhaus) von den Merkmalen des Richtwertgrundstücks ab (z.B. Supermarkt im Wohngebiet), gilt – nach Wertermittlungsrecht - der Bodenrichtwert nicht für dieses Grundstück. Weicht der beitragsrechtliche Zustand vom Richtwertgrundstück ab, ist der Bodenwert des einzelnen Grundstücks entsprechend anzupassen. Auch andere Abweichungen werden i.d.R. über Zu- und Abschläge zum Bodenrichtwert berücksichtigt.

Grundstücksmerkmale
Neben den angegebenen Merkmalen des Richtwertgrundstücks, haben Grundstücke noch vielerlei weitere Merkmale. Beispielhaft seien hier einige wesentliche aufgeführt:

  • Lagemerkmale
  • Maß der baulichen Nutzung
  • Grundstücksgröße
  • Grundstückszuschnitt
  • Bodenbeschaffenheit
  • grundstücksbezogenen Rechte und Belastungen

Lagebedingte Wertunterschiede (z.B. Lärm oder andere Immissionen) zwischen einzelnen Grundstücken und dem Bodenrichtwertgrundstück können innerhalb einer Zone bis zu 30% betragen. Hat ein einzelnes Grundstück aufgrund seiner besonders schlechten Lage innerhalb der Zone (z.B. direkt an der stark befahrenen Straße) nur einen Marktwert von 665 €/m², wird es trotzdem noch über den Bodenrichtwert von 950 €/m² abgebildet. Gleiches gilt auch in die andere Richtung. Hat ein einzelnes Grundstück also aufgrund seiner besonders guten Lage innerhalb der Zone (z.B. am Ende einer Sackgasse mit Aussichtslage) einen Marktwert von 1.235 €/m², wird es ebenfalls noch über den Bodenrichtwert von 950 €/m² abgebildet.

Besondere Eigenschaften einzelner Grundstücke, die nur im Rahmen einer Einzelbegutachtung ermittelt werden können, werden bei der Bildung der Richtwertzonen und der Ableitung der Bodenrichtwerte nicht berücksichtigt. Dies sind insbesondere nur für einzelne Grundstücke bestehende privatrechtliche, öffentlich-rechtliche und tatsächliche Besonderheiten, wie z.B. Wegerechte, Baulasten, Altlasten. Der Bodenrichtwert als Richtgröße kann derartige Merkmale nicht abbilden.

Bewertungsmodelle
Hinsichtlich Abweichungen aufgrund der Grundstückstiefe oder der Art der Nutzung hat der Gutachterausschuss Nördlicher Rhein-Neckar-Kreis Modelle als Empfehlung für die Bewertung in den örtlichen Fachinformationen veröffentlicht. Diese finden jedoch keine Anwendung bei der Grundsteuerwertermittlung.

Bei übertiefen Baugrundstücken wird zwischen dem baulich nutzbaren Vorderland und dem nicht baulich nutzbaren Hinterland unterschieden. Im Bereich des Gutachterausschusses Nördlicher Rhein-Neckar-Kreis werden übertiefe Grundstücke entsprechend dem Modell eingeteilt in:

  • Vorderland
  • Hinterland I
  • Hinterland II

Die Trennlinie zwischen dem baureifen (Vorder-) Land und dem nicht bebaubaren Hinterland I wird bei einer Grundstückstiefe von 35 m gezogen. Die Tiefe wird ab der Straßen-/erschließungsseitigen Flurstücksgrenze gemessen. Die Trennlinie zwischen Hinterland I und II wird nach 50 m gezogen. Entsprechend dieser Einteilung sind folgende Wertansätze empfohlen:

  • Vorderland: 100% des Bodenrichtwert
  • Hinterland I: zwischen 30% und 70% des Bodenrichtwert
  • Hinterland II: 10% des Bodenrichtwert

Der Wertansatz für Hinterland I ist als Spannen angegeben. Tendenziell sind die hochpreisigen bzw. guten bis sehr guten Lagen mit hochwertigen Nutzungen im oberen Bereich der Spanne und die niedrigpreisigen bzw. schlechten Lagen mit geringwertigen Nutzungen im unteren Bereich der Spanne einzuordnen.

Neben einer Übertiefe können einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile auch eine vom Richtwertgrundstück abweichende Nutzung aufweisen. Diese Grundstücke können gem. ImmoWertV Bestandteil der Zone sein. Hier wird zur Ermittlung des Bodenwertes das Faktorenmodell empfohlen. D.h. für einzelne Nutzungen sind jeweils Faktoren aufgeführt, mit denen der Bodenrichtwert zu multiplizieren ist. Beispielhaft sein hier das Grünland im Wohngebiet aufgeführt. Der Faktor beträgt 0,01. Bei unseren obigen Bodenrichtwert von 950 €/m² ergäbe sich ein Bodenwert für diese Grünlandfläche im Wohngebiet von 9,50 €/m².

Aber auch dies sind nur Modelle, die für den gesamten Einzugsbereich des Gutachterausschusses gelten. Es ist bei jedem Fall zu prüfen, ob dies bei der Bewertung des jeweiligen Grundstücks angewendet werden kann oder ggf. abgewichen werden muss.

Fazit
Wie zu sehen, stellt der Bodenrichtwert nicht den Marktwert des einzelnen Grundstücks dar. Um diesen zu ermitteln, müssen die Eigenschaften des Einzelgrundstücks mit denen des Richtwertgrundstück abgeglichen werden und der Bodenrichtwert durch Zu- und Abschläge angepasst werden. Dies erfolgt in der Regel im Rahmen eines Verkehrswertgutachtens.

Kann auch ein anderer Wert für die Grundsteuer angesetzt werden?

Nach Landesgrundsteuerrecht (hier insbesondere § 38 LGrStG und dem dazugehörigen Erlass des Ministeriums für Finanzen Baden-Württemberg AE LGrStG ) ist für die Ermittlung des Grundsteuerwertes der jeweilige Bodenrichtwert der Zone maßgebend, in der das einzelne Grundstück liegt. Abweichungen zwischen den Eigenschaften des Bodenrichtwertgrundstücks und des Einzelgrundstücks, die oben ausführlich beschrieben wurden, werden bei der Ermittlung des Grundsteuerwertes nicht berücksichtigt. Besondere Merkmale des Einzelgrundstücks wie Ecklage, Zuschnitt, Vorder- und Hinterland, Oberflächenbeschaffenheit, Beschaffenheit des Baugrundes, bauliche Auslastung, Lärm-, Staub-, Geruchsbelästigungen, Altlasten sowie Außenanlagen bleiben außer Ansatz.

Das Landesgrundsteuergesetz beinhaltet in § 38 Absatz 4 jedoch eine sogenannte „Öffnungsklausel“:

Grafik Ablauf Grundsteuer B

Es besteht also die Möglichkeit einen niedrigeren Wert durch ein qualifiziertes Gutachten nachzuweisen. Es ist zu beachten, dass die Abweichung gegenüber dem Grundsteuerwert mehr als 30% betragen muss. Folglich müssen deutliche Abweichungen zwischen dem zu bewerteten Grundstück und dem Bodenrichtwertgrundstück vorliegen, um den Nachweis eines niedrigeren Werts führen zu können. Des Weiteren unterliegen diese Gutachten der Beweiswürdigung durch das Finanzamt. Ein Gegengutachten durch das Finanzamt ist nicht erforderlich. Die Eigentümer haben auch die Kosten des Gutachtens zu tragen.

Sofern dieses Gutachten bis zum 30.06.2025 beauftragt wurde, wird dieses Rückwirkend für die erste Hauptfeststellung zum 01.01.2022 berücksichtigt, also ab der Grundsteuer 2025. Dem Finanzamt ist die Auftragsbestätigung zuzusenden. Die Abweichung muss jedoch über 30% betragen und die Anerkennung unterliegt dem Finanzamt.

Wer kann ein Gutachten für die Grundsteuer erstellen?

Ein qualifiziertes Gutachten kann entweder beim zuständigen Gutachterausschuss, bei einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder bei einem nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken beauftragt werden.

Listen zu zertifizierten Sachverständigen finden sich unter folgenden Links:

Listen zu öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen finden sich unter folgendem Link (Suchbegriff: "Immobilienbewertung") :

Nähere Informationen zur Grundsteuer B und zum qualifiziertem Gutachten nach § 38 Abs. 4 Landesgrundsteuergesetz stehen ebenfalls auf der FAQ‐Seite zur Grundsteuer B des Ministeriums für Finanzen Baden‐Württemberg zum Abruf bereit.

Wie erfolgt die Begutachtung beim Gutachterausschuss?

Sofern der Bodenrichtwert für Ihr Grundstück bzw. Teile davon nicht gilt oder zutrifft können Sie ein Gutachten beantragen. Das Gutachten weist den tatsächliche Wert des Grund und Bodens zum Zeitpunkt der Hauptfeststellung nach. Der Wert der Bebauung bleibt dabei unberücksichtigt. Es ist jedoch zu beachten, dass der tatsächliche Wert mehr als 30% geringer sein muss als der Grundsteuerwert. Des Weiteren unterliegen diese Gutachten der Beweiswürdigung durch das Finanzamt. Ein Gegengutachten durch das Finanzamt ist nicht erforderlich. Die Eigentümer haben auch die Kosten des Gutachtens zu tragen.

Leider müssen wir jedoch mitteilen, dass wir auf Grund der hohen Anzahl von bereits vorliegenden Anträgen, von Anträgen und Vorgaben anderer Behörden und der Auslastung des Gutachterausschusses und seiner Geschäftsstelle zwar zusätzliche Anträge auf Gutachten annehmen, die Wartezeit jedoch bereits jetzt mehr als 1 Jahr beträgt. Diese Wartezeit kann sich durch zusätzliche Anträge und Vorgaben anderer Behörden weiter verlängern.

Sollten Sie sich dennoch für ein Gutachten des Gutachterausschusses entscheiden, ist Voraussetzung für den Antrag, dass sich das Grundstück in Ihrem Eigentum befindet oder Sie ein Erbbaurecht an diesem haben. Sollten Sie nicht selbst Eigentümer oder Erbbauberechtigter sein, wird ein Nachweis der Antragsberechtigung, z.B. eine Vollmacht des Eigentümers benötigt.

Sofern dieses Gutachten bis zum 30.06.2025 beantragt wurde, wird dieses Rückwirkend für die erste Hauptfeststellung zum 01.01.2022 berücksichtigt, also ab der Grundsteuer 2025. Dem Finanzamt ist die Antragsbestätigung zuzusenden. Die Abweichung muss jedoch über 30% betragen und die Anerkennung unterliegt dem Finanzamt.

Die Gebühr zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer für ein Gutachten ist abhängig vom ermittelten Wert und beträgt für Grundsteuergutachten 50% der Gebühr der regulären Gebühr für ein bebautes Grundstück.
Folgender Übersicht können sie Gebührenbeispiele entnehmen:
Tabelle Gebührenübersicht (129 KB)


Im ersten Schritt müssen Sie das Gutachten beantragen:
Antrag auf Erstellung eines Gutachtens zum Nachweis eines anderen Wertes nach § 38 Abs. 4 LGrStG (847 KB)

Hierfür ist der Antrag vollständig auszufüllen und mit allen notwenigen Unterlagen bestenfalls per E-Mail an die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses zu senden.

Im ersten Schritt der Gutachtenerstellung wird Ihr Grundstück durch einen Mitarbeiter der Geschäftsstelle sowie
3 Gutachter des Gutachterausschusses besichtigt. Danach findet in der Wertfindungssitzung die Ermittlung des Grundstückswertes durch die beteiligten Gutachter statt. Anschließend wird das Gutachten erstellt, ausgefertigt und samt Rechnung an den Antragssteller/Eigentümer versandt. Dieser Prozess dauert regelmäßig 4-8 Wochen.

Gutachten des Gutachterausschusses sind für die Feststellung des Grundsteuerwerts durch die Finanzbehörde für diese nicht bindend, sondern unterliegt der Beweiswürdigung durch das Finanzamt. Eine Gewährleistung für deren Anerkennung kann daher nicht übernommen werden.

Weiterführende Informationen, Links, Downloads